Ein Ausatmen ist schnell bei der Hand… mit dem bewussten Ausatmen wird mein Raum, mein Moment markiert, betreten – und sei er auch noch so kurz.


Ich sehe Fotos. Von mir und Marco. Wie auf Goolge-Fotos, so viele unter-, über- und nebeneinander, manche bewegen sich auch. Aber mit Polaroid-Rahmen. Die Ästhetik: überbelichtet, vintagemäßig ausgebleicht, goldenes Licht gleichzeitig. In einer lebendigen, frühlingsmäßigen Stadt wie Rom. Blütenblätterregen. Ein Foto, wo ich und Marco tanzen im Blütenblätterregen. Glücklich, lebendig, unbeschwert wirke ich, wirken wir auf diesen Fotos – jünger auch, mindestens zehn Jahre jünger. Schön wohl auch, aber das steht nicht im Vordergrund. Unbeschwertheit setzt wohl voraus, dass man sich (gerade) nicht allzuviel Sorgen um seine Haut machen muss oder um sonst was. Cool sind wir, bin ich, überlegen, unantastbar in unserem Schweben, unserem Glück. Gleichzeitig Milde, mildes Licht, milde Offenheit, Staunen, Naivität.

Diesen Artikel (über die Geschichte meiner Haut) wirklich zu schreiben – es wird ein Eintauchen sein. Ich werde oft tief und schwer atmen müssen. Und was will ich damit: Berühren, erreichen, Selbstermächtigung, Stimme.

Hier, im Norden, in diesem Kaff habe ich wirklich das Gefühl, die meisten Menschen sind uninteressant – weil ihre Leben uninteressant sind. Irgendwann sind sie dann leidend und krank und das ist ihre Rechtfertigung – der Schmerz, die Unbeweglichkeit – teilzunehmen an der Existenz. Nach einem Leben in Ruhe, in (relativem) Wohlstand, in der Dekadenz der Beschaulichkeit. Ich würde meinen Bruder so gerne trösten. In der Hinsicht: dass die Heftigkeit seines Schmerzes, seines Liebeskummers ihn teilhaftig werden läßt an dem Existentiellsten, das das Leben zu bieten hat.